Auf dem Weg von Durango nach Silverton
Auf dem Weg von Durango nach Silverton

herbstliche odyssee im wilden westen (8/8) - viel los auf den strassen

mittwoch, 18. oktober 2023

viel los auf den strassen

Das Frühstück bestand aus süssen Teilchen und sehr gutem Joghurt. Dafür, dass eigentlich kein Essen im Zimmerpreis enthalten war, war das völlig in Ordnung. Ein Mann schaute nach dem rechten. Er sah demjenigen gestern an der Rezeption wie aus dem Gesicht geschnitten. Bloss seine Augen hatten eine gesündere Farbe, er war um einiges grösser und breiter. Ich vermute, dass die beiden Brüder waren. Die Freundlichkeit lag wohl in der Familie. Auch er war sehr herzlich, als ich uns auscheckte. Die Campingstühle hatten wir zusammen mit einem Briefchen und einem Tip dem Motel vermacht. Wir hatten keine Verwendung mehr dafür, denn morgen schon war unsere Reise zu Ende.

Bereits zu Hause hatte ich von den Baustellen an der U. S. 50 gelesen und war somit nicht überrascht, als ein gelangweilter Bauarbeiter uns zum Halten aufforderte. Als er sich vergewissert hatte, dass wir stehen blieben, wanderte er mit seiner Haltetafel wie mit einem Spazierstock hundert Meter vor und wieder zurück. So legte er bestimmt einige Kilometer zurück. Nach ein paar Minuten durften wir dann passieren. Weitere Baustellen folgten. Gefährlich wurde es, als ein Bauarbeiter hinter einem Lastwagen auf die Strasse direkt vor unser Auto lief. Erschrocken hüpfte er zur Seite während Reiner hart auf die Bremsen trat. Das hätte ins Auge gehen können. Mit erhöhtem Puls diskutierten wir noch lange darüber, wie unvernünftig der Mann gehandelt hatte und wie viel Glück wir alle gehabt hatten.

Baustellen auf der U. S. 50
Baustellen auf der U. S. 50
Baustellen auf der U. S. 50

Zu gerne wäre ich in den Black Canyon of the Gunnison National Park und hätte einen Blick in die Schlucht geworfen. Doch wir hatten noch eine lange Strecke zu fahren, sodass es sich nicht ausging. Wir stoppten kurz am Gunnison River, der an dieser Stelle zu einem See angewachsen war. Ich wunderte mich, dass keine Boote zu sehen waren, erinnerte mich aber daran, dass wir Mitte Oktober hatten und somit die Saison auf diesen Höhen längst vorbei war.

Auf der Passhöhe vom Monarch Pass zeigte eine Tafel die Höhe von 11'312 Fuss (3'448 Meter) an. Wir waren an der Wasserscheide angekommen, wo das Wasser auf der einen Seite in den Atlantik und auf der anderen in den Pazifik floss. Wir hatten acht Grad und herrlichen Sonnenschein.

Von Montrose nach Denver
Von Montrose nach Denver
Von Montrose nach Denver
Von Montrose nach Denver
Von Montrose nach Denver

In Poncha Springs bogen wir links ab. Der Magen knurrte. Ich suchte im Internet und fand in Buena Vista viele sehr gut bewertete Restaurants. Die Wahl fiel auf Simple Eatery, mit moderner US-amerikanischer Küche.

Das Restaurant teilte sich den Raum mit The Trailhead, einem Outdoor-Sportgeschäft. Simple Eatery war nicht nur ein Restaurant, sondern auch eine Bäckerei. Brote stapelten sich auf Wagen sowie hinter der Theke und fanden reissenden Absatz.

Reiner bestellte Black Angus Burger mit Kohlrabi Slaw und ich ein Chicken Sandwich und eine Chili-Soup. Wir setzten uns mit einer Nummer bewaffnet draussen an einen Tisch und warteten darauf, dass das Essen serviert wurde. Es windete kräftig. Reiner holte mir die Jacke aus dem Auto und wir mussten aufpassen, dass die Nummer nicht davonwehte.

Das Essen war fantastisch. Es fing mit der aromatischen Suppe an, die würzig war und genau die richtige Konsistenz hatte und ging mit saftigem Fleisch, knackigem Salat und vor allem mit einem himmlischen Brötchen weiter. Ich kam aus dem Schwärmen nicht heraus. Man merkte, dass frisch gebacken wurde.

Weiter ging’s. Wir kamen durch Leadville und einem weiteren Pass, dem Fremont Pass, mit einer Höhe von 3'450 Metern mitten in den Rocky Mountains. Auch über diesen Pass führt die Kontinentale Wasserscheide. Viel gab es nicht zu sehen. Noch immer blies der Wind heftig und es zogen Wolken auf.

Im weiteren Verlauf fuhren wir auf die Interstate 70. Wir hätten von Montrose Richtung Norden und schon viel früher die Interstate nehmen können, aber dann hätten wir viel vom farbenfrohen Colorado verpasst. Das wurde uns bewusst, als wir Meile um Meile auf der Autobahn zurücklegten.

Auf einmal zeigte das Navi einen Unfall an. Später wurden zwei Unfälle daraus und bald stauten sich die Autos. Spuren wurden gewechselt. Zwischen der ersten und der zweiten entstand eine Lücke, auf der ein Feuerwehrfahrzeug entlangfuhr. Ein Sheriff und ein Krankenwagen folgten, dann schloss sich die Lücke wieder. Ein Fahrzeug mit Aufschrift «Incident Response» passierte die Kolonne rechts.

Es dauerte ewig, bis wir von der Interstate an der Unfallstelle vorbei abgeleitet wurden. Rettungsfahrzeuge veranstalteten eine Lichtershow. Ich konnte einen Sattelschlepper am rechten Fahrbahnrand und einer in der Mitte zwischen den beiden Fahrrichtungen ausmachen. Im Nachhinein habe ich nachgelesen, dass zwei Sattelschlepper ineinander gekracht und ein weiterer Sattelschlepper mit einem Lieferwagen kollidiert waren. Einer der Fahrer musste in kritischem Zustand ins Spital gebracht werden.

Der Unfall hatte an meinen Nerven gezerrt. Als wir im La Quinta by Wyndham Denver Gateway Park eincheckten, war ich etwas zu wenig höflich zur Rezeptionistin, was mir im Nachhinein leidtat. Reiner beruhigte mich, so schlimm sei es nicht gewesen. Den Rest des Abends verbrachten wir damit, alles aus dem Auto ins Zimmer zu bringen, das Gepäck auszupacken und alles wieder ordentlich in den Koffern zu verstauen. Hunger hatten wir keinen mehr. Ein paar Kekse und Schokolade, die noch übriggeblieben waren, reichten an diesem letzten Abend vor dem Heimflug.

 

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