mesquite sand dunes - death valley
mesquite sand dunes - death valley

USA 2022 - 03 death valley - las vegas

Das Tal des Todes mit spektakulären Aussichten, herrlichen Dünen und einem engen Canyon, eine unbefestigte Strasse durch bizarre Landschaften, Sonnenuntergang und Sterne und eine zweite Chance für Las Vegas, das waren die guten Erlebnisse in dieser Etappe, aber es gab auch schlechte Nachrichten...

im tal des todes

Kurz nach der Einfahrt in den Nationalpark konnten wir vom Father Crowley Vista Point aus den tief eingeschnittenen Star Wars Canyon sehen, in dem manchmal Kampfjets ihre Trainings flogen. Während unseres Aufenthalts hielten sie sich jedoch fern.

Wir wären aber nicht wir, wenn wir immer auf geteerten Strassen bleiben würden. So holperte es bald schon Richtung Darwin Falls Trailhead. Ich zog die Wanderschuhe an, studierte die Wanderkarte auf der Tafel und zog die Wanderschuhe wieder aus. "Kä Luscht", war mein Motto. Die Wasserfälle hätte ich zwar gerne gesehen, aber dahinlaufen und dann war da nur ein Rinnsal - nein danke.

Dafür konnte ich bei den Wildrose Charcoal Kilns kaum genug bekommen. Die 1877 erbauten Holzkohleöfen waren sehr gut erhalten. Früher wurden in Bergbaugebieten häufig Holzkohleöfen verwendet, um Brennstoff für Mühlen und Hütten bereitzustellen, da die abgelegenen Bergbaugebiete oft zu weit weg von Versorgungsleitungen waren, um Kohle verschiffen zu lassen. Daher wurde stattdessen Holzkohle benutzt, die von einheimischen Bäumen produziert wurde. Die Wildrose Charcoal Kilns waren jedoch nicht einmal drei Jahre lang in Betrieb. Vermutlich war der Grund für die Schliessung eine Kombination aus schlechter Wirtschaftlichkeit und der Tatsache, dass die spärlichen Kiefernwälder im Umkreis von Meilen schnell erschöpft waren.

Bereits auf dem Hinweg zu den Brennöfen hatten wir den Wegweiser zum Aguereberry Point entdeckt. Ich überliess es Reiner, ob er nochmals X Meilen auf Schotterwegen fahren wollte, um am Ende möglicherweise enttäuscht zu werden. Ein kurzer Stopp bei verwilderten Eseln, dann bog Reiner ab. Wenn wir schon mal hier seien, müssten wir auch da hin. Ich zweifelte, ob das richtig war. Reiner meinte, am Ende würde es mich umhauen.

Noch ein letzter Bogen auf steilem, felsigem Untergrund, dann schnappte ich nach Luft. Die Aussicht war atemberaubend! Man konnte die weisse Salzwüste des Badwater Basins und die Black Mountains sowie die grüne Oase von Furnace Creek sehen. Auf einer Höhe von 6433 Fuss (1961 Meter) war es angenehm warm, aber nicht heiss. Damit war unser Tagessoll erfüllt - die auf dem Weg liegenden Mesquite Flat Sand Dunes mussten warten.

Das Einchecken in der Furnace Creek Ranch verlief problemlos. Ich war gespannt, ob wir eine ähnliche Hütte wie vor acht Jahren bekämen und wurde positiv überrascht. Das Zimmer war verhältnismässig modern. Dass es kein Housekeeping gab, verwunderte uns - allerdings gewöhnten wir uns im Verlauf der Reise daran. Das war wohl neuer Standard während und nach Corona.


abstecher nach nevada

Das Death Valley war ein Nationalpark ohne Kassenhäuschen. Es lag in der Selbstverantwortung der Besucher, den Eintritt an einem Automaten oder im Visitor Center zu bezahlen. Eine Park Map gab es gegen Vorweisen eines gültigen Eintrittstickets und eines Lichtbildausweises im Visitor Center. Ich liebe Landkarten, deshalb war der Besuch des Furnace Creek Visitor Centers die erste Handlung des Tages. Mit der Karte bewaffnet und um einen Stempel in meinem Passport reicher, ging es weiter.

Da das gestrige Nachtessen im The Ranch 1849 Restaurant nicht mehr als die zwei von fünf Sternen laut Google Bewertung wert war, zog es uns für das Frühstück ausserhalb des Parks. In Beatty besuchten wir das erste Mal in unserem Leben das sagenumwobene Kettenrestaurant "Denny's". Die Fülle an Frühstücksgerichten überforderte mich fast so sehr wie die Grösse der gelieferten Portion. Es schmeckte aber sehr gut und ich amüsierte mich ab den Sprüchen auf den Kaffeetassen.

Mit Beatty hatten wir nicht nur den Nationalpark verlassen, sondern auch Kalifornien, denn dieses Örtchen liegt in Nevada. Dort war nicht nur das Frühstück besser, sondern auch das Benzin günstiger, also tankten wir unseren Wagen voll. Reiner kontrollierte den Ölstand, während ich drinnen versuchte, die Frau dazu zu bewegen, die Zapfsäule freizugeben. Nach ein bisschen Hin und Her klappte das auch, aber Reiner schickte mich erneut in den Laden, denn das Auto brauchte dringend Öl. Ich frage die Dame nach diesem Saft, die bereits vorhin leicht säuerlich auf mein Anliegen reagiert hatte und sie zeigte zu einem Regal mit Lebensmitteln und diversen Flaschen. Welches war nun das richtige Öl? Auf Geratewohl schnappte ich eine der Flaschen und frage bei der netteren der beiden Bedienungen, ob dies das richtige Öl sei. Sie wusste es auch nicht und liess mich ratlos stehen. Ein Kunde erbarmte sich meiner und ging zu der geöffneten Motorenhaube, um gemeinsam mit Reiner nach der Kennzeichnung zu schauen. Er kam zurück und endlich konnte ich das Öl käuflich erwerben, das unserem Jeep guttun sollte.

eine stadt voller geister

Jetzt waren wir für weitere Fahrten gerüstet. Ein Besuch in der Rhyolite Ghost Town war angesichts der Tatsache, dass wir da eh vorbeikamen, ein Muss. Einige Geisterstatuen aus gehärtetem Acryl, die vom belgisch-polnischen Künstler Albert Szukalski geschaffen worden waren, begrüssten uns am Eingang. Eine weitere Sehenswürdigkeit war das Tom Kelly's Bottle House, das 1906 aus rund 50'000 miteinander vermörtelten Flaschen erstellt worden war. Die meisten Flaschen waren weggeworfene Busch-Beer-Flaschen aus dem benachbarten Saloon. Noch ein kurzer Abstecher zu den anderen Gebäuden und Fahrzeugen in der Ghost Town und da war sie schon wieder, die holprige Schotterstrasse. Die heutige Strecke brachte uns an zerklüfteten Bergen, farbenfrohen Felsformationen und seltenen Pflanzen vorbei und zum Finale zur spektakulären Schluchtverengung des Titus Canyon.


titus canyon

Die Einbahnstrasse führt vom Highway 374 nach Westen durch das Amargosa Valley und steigt in die Grapevine Mountains an. Am White Pass tritt sie in den oberen Titanothere Canyon ein. Bunte Gesteinsablagerungen entlang dieses Abschnitts enthalten 30 bis 35 Millionen Jahre alte Fossilien. Hier wurde 1933 der fossile Schädel eines riesigen, nashornähnlichen Titanothere gefunden.

Der 5250 Fuss (1600 Meter) hohe Red Pass war der höchste Punkt der Strasse, danach kamen wir an der Geisterstadt Leadfield vorbei, von der kaum mehr was übriggeblieben war. Die Stadt hatte ihre Boomzeit in den Jahren 1926-27 für nicht einmal ein ganzes Jahr, weil die Bleivorkommen schnell ihren Tiefpunkt erreicht hatten. Einige der Minen durfte man auf eigene Gefahr betreten, aber wir unterliessen dies, weil vor losen Steinen, morschem Holz oder unerwarteten vertikalen Schächten gewarnt wurde.

Gleich unterhalb von Leadfield erhoben sich schroffe, steile Hänge. Das Highlight für uns waren die letzten eineinhalb Meilen, die durch den schmalen, an manchen Stellen nur sechs Meter breiten Canyon führte.

Rechts oder links? Das war war nun die Frage. Links ging es Richtung Furnace Creek, rechts zu Scotty's Castle und dem Ubehebe Crater. Meine Tendenz war, Richtung Süden zu fahren, aber das behielt ich noch für mich, ich wollte, dass Reiner sich entschied. Er fuhr rechts, was mich sehr überraschte, ich hätte gedacht, dass auch er lieber zur Unterkunft zurückfahren wollte, um sich für den Abend etwas auszuruhen.

Zu Scotty's Castle konnten wir nicht, dies war nach verheerenden Überschwemmungen und einem späteren Brand noch immer geschlossen. Reiner steuerte uns zum Ubehebe Crater an der Nordspitze der Cottonwood Mountains. Der Vulkankrater hat einen Durchmesser von einem Kilometer und ist 150 bis 237 Meter tief. Das Alter des Kraters wird auf 2'000 bis 7'000 Jahre geschätzt, aber es könnte auch sein, dass er erst 800 Jahre alt ist - man weiss es nicht so genau.


beim ubehebe crater

Auf dem Parkplatz standen einige Autos. Ein Mann genehmigte sich ein Picknick auf einem Campingstuhl, was uns in Erinnerung rief, dass unsere Stühle noch originalverpackt im Kofferraum lagen. Ich montierte die Wanderschuhe und lief etwas am Kraterrand entlang Richtung Little Hebe Crater. Als wir 2014 hier waren, hatte es uns fast die Autotür weggerissen, als wir diese öffnen wollten. Der Wind hatte so heftig geblasen, dass die Raben rückwärts geflogen waren. An eine Wanderung war damals nicht zu denken. Umso schöner war es jetzt, die Aussicht aus verschiedenen Perspektiven geniessen zu können und ich war glücklich darüber, dass Reiner den Weg hierher gewählt hatte und die Rückfahrt erst später in Angriff nahm.

Zurück in Furnace Creek erstanden wir im General Store zwei Salate für das Abendessen. Es reichte für eine kurze Siesta, dann waren wir bereits wieder unterwegs. Diesmal ging es auf der Badwater Road Richtung Süden. Ein paar Wölkchen waren am ansonsten blauen Himmel zu sehen und es hatte angenehme 86 Grad Fahrenheit (30 Grad Celsius).


artist's drive

Unser Ziel war, den Sonnenuntergang und den Sternenhimmel im Badwater Basin zu beobachten. Vorher bogen wir aber noch in den Artists Drive ab. Die 14.5 Kilometer lange Strasse wand sich durch bunte, erodierte Hügel, die durch vulkanische Ablagerungen unterschiedlicher Zusammensetzung geformt worden waren. Zwischendurch gab es die Möglichkeit, das Auto abzustellen und die Gegend zu Fuss etwas zu erkunden. Das Highlight bildete die Artist's Palette, etwa in der Hälfte des Loops. Die Hügel leuchteten in allen Farben und waren Kulisse für einige Fotoshootings. Wir amüsierten uns über die möglichen und unmöglichen Posen der Möchtegernmodels, dann zog es uns weiter. In Anbetracht dessen, dass der Sonnenstand schon recht tief war, fuhren wir an den weiteren Sehenswürdigkeiten vorbei und parkierten beim Badwater Basin.

der tiefste punkt nordamerikas

Mit 86 Metern unter dem Meeresspiegel ist das Badwater Basin der tiefste Punkt Nordamerikas. Die fast 518 Quadratkilometer grosse Senke besteht hauptsächlich aus Natriumchlorid zusammen mit Calcit, Gips und Borax. Gebildet wurde die Ebene dadurch, dass der Binnensee Lake Manly vor zehntausenden von Jahren verdunstet war und konzentrierte Salzablagerungen zurückgelassen hatte.

Wir packten unsere knallroten Campingstühle aus und suchten uns ein Plätzchen, wo wir niemanden störten. Ich hatte Zweifel, ob die billigen Stühle halten würden, aber sie hielten nicht nur, sondern waren auch ziemlich bequem. Sogar eine Getränkehalterung war in der Armlehne eingebaut.

Leute kamen, noch mehr Leute gingen. Eine Frau stellte ein Stativ mit Handy auf, posierte vor dem Badwater-Schild und verschwand wieder. Ein anderer Handyfotograf wählte den Sonnenuntergang als sein Motiv. Weil der Himmel inzwischen wolkenlos war, wurde der Sonnenuntergang zwar schön, aber nicht spektakulär. Als die Sonne hinter dem Horizont verschwunden war, verschwanden auch die meisten Besucher und die Temperatur sank erheblich. Ich brauchte eine Jacke, aber das war kein Problem, denn Wanderschuhe, Jacken, Kühlbox, Stative und vieles mehr lag immer griffbereit im Auto.

 

wir greifen nach den sternen

Wir assen unsere Salate, während wir darauf warteten, dass der Himmel sich verdunkelte und die Sterne sichtbar wurden. Eine Frau, die ebenfalls einen Stuhl dabeihatte, setzte sich in unserer Nähe hin und las ein Buch. Sie hatte eine Stirnlampe mit rotem Licht montiert. Auch die meisten Fotografen, die jetzt ankamen, suchten sich den Weg mit Rotlicht, um die Nachtsichtfähigkeit der Augen möglichst wenig zu beeinträchtigen.

Da - der erste Stern! Und noch einer. Bald darauf war der weite Himmel über und über mit Sternen übersäht. Das war was anderes, als die paar Sterne, die der Basler Nachthimmel zu bieten hat. Müde, aber zufrieden packten wir nach einem Weilchen unsere Siebensachen zusammen und machten uns auf den Rückweg.


Früh aufstehen oder ausschlafen? Das war die Frage. Weder noch - wir wählten einen Mittelweg und fuhren um etwa sieben Uhr morgens zu den Mesquite Dunes, die wir bei der Anfahrt nicht mehr geschafft hatten.

Der Parkplatz war noch fast leer. Reiner suchte sich seine Fotomotive in der Nähe des Autos, während ich die Wanderschuhe anzog und mit meiner GoPro bewaffnet in die Dünen schritt. Weit wollte ich nicht gehen, nur noch diesen Hügel und dann noch dieser. Das Laufen auf dem Sand ging erstaunlich gut. Auf einmal hörte ich eine Klapperschlange klappern und blieb erstarrt stehen. Aber wo war die Schlange? Zu gerne hätte ich das Tierchen gesehen. Vielleicht hatte ich mich auch nur geirrt und mich selber gehört? Mein Respekt blieb - ich ging.

mosaic canyon

Nur wenige Meilen weiter auf dem Highway 190 bog die Strasse links zum Mosaic Canyon ab. Ein anderes Paar war gerade dabei, sich auf dem Parkplatz umzuziehen. Gemütlich wanderten wir den felsigen Wash hinauf in die Schlucht. Die glatten Marmorwände waren durch die mit Sand beladenen Sturzfluten immer wieder ausgewaschen worden und waren zu einem wunderschönen Finish poliert worden. Ich war angetan von diesen Formationen und liess Reiner zurück, der kaum aufhören konnte, die verschiedensten Details zu fotografieren. Nur ein paar hundert Meter weiter verengte sich der Canyon. Ich hörte Stimmen. Ein asiatisches Paar bog um die Ecke. Sie bat mich, sie beide zu fotografieren, aber so, dass die Narrows mit auf dem Bild waren. Gerne doch. Auch Reiner hatte es inzwischen zu der Verengung des Canyons geschafft und war von den Formationen begeistert. Ein paar Fotos später drehten wir um, wir hatten noch bisschen Weg vor uns.


twenty mule team canyon

Nachdem die Salate gestern Abend so gut geschmeckt hatten, ging Reiner in den General Store, um Frühstück für uns zu organisieren. Ich checkte uns währenddessen aus und wir verliessen Furnace Creek. Beim Zabriskie Point war der Parkplatz bereits gut gefüllt. Wir fuhren daran vorbei und folgten spontan einem Wegweiser zum Twenty Mule Team Canyon. Das war wieder einmal eine unbefestigte Strasse durch buntes, erodiertes Ödland. So konnten wir die Landschaft, die vom Zabriskie Point aus zu sehen ist, aus nächster Nähe betrachten. Die erhöhte Bodenfreiheit unseres Autos erwies sich hier als Vorteil.

Wir hielten an einer breiteren Stelle an, um den gekauften Kaffee zu schlürfen und einen Minidonut zu essen. Igitt, der Kaffee schmeckte wie eingeschlafene Füsse und statt des Donuts hätte ich auch gleich puren Zucker essen können. Nein, das war nix. Ich blieb lieber hungrig, bis wir etwas Besseres finden würden.

Die 20 Mule Team Road war eine Einbahnstrasse. Nach etwa drei Kilometern kamen wir auf eine Kuppe, die Piste führte steil bergab mit unsichtbarem Ausgang. Wir stiegen aus, um die malerische Landschaft zu fotografieren. Ein Autofahrer stoppte und fragte uns, ob der Weg hier entlangführe. Wir verstanden nicht recht, was er damit meinte - es gab ja keine Alternative. Unser Zögern veranlasste ihn zu wenden und gegen die Fahrtrichtung zurückzufahren. Entsetzt versuchte ich ihn mit Rufen und Winken davon abzubringen. Vergebens, der Geisterfahrer war schnell aus dem Blickfeld verschwunden.

dantes view

Entlang des Kamms der Black Mountains gab es noch eine weitere Sehenswürdigkeit, die wir erkunden wollten und diese hiess Dantes View. Schon die Anfahrt zu dieser berühmten Aussichtsterrasse auf 5476 Fuss (1669 Meter) Höhe bot viele schöne Anblicke. Ich schwelgte in Erinnerungen, als mein Blick über die Salzpfanne von Badwater glitt, wo wir noch gestern Sterne fotografiert hatten. Auf der gegenüberliegenden Seite lagen die Panamint Mountains mit dem 3368 Meter hohen Telescope Peak und dem Aguereberry Point, auf dem wir vor zwei Tagen gestanden waren und nach Luft schnappen mussten.

Langsam näherten wir uns dem Ende unseres Besuchs im Death Valley. Dies war nach dem Yellowstone mein zweitliebster Nationalpark der USA. Aber unsere Reise dauerte noch lange und viele weitere Nationalparks würden folgen. Ich war gespannt, ob dies Einfluss auf mein Ranking haben würde.

Knurr, knurr - das war mein Magen. Reiner ging es nicht besser, denn auch er hatte die Zuckerbomben verschmäht. Wir mussten uns aber bis Pahrump in Nevada gedulden, bis wir etwas zu Essen fanden. Gestärkt nahmen wir danach die letzten Meilen bis Las Vegas in Angriff.


eine zweite chance für las vegas

2014 waren wir bereits in Las Vegas und konnten der Stadt nicht viel abgewinnen. Wir wollten ihr aber nochmals eine Chance geben und im Gegensatz zum letzten Mal direkt am Strip logieren. Wir hatten im Best Western ein erstaunlich günstiges Hotel gefunden, das auch noch gut bewertet war. Zum Einchecken durften wir im Hinterhof parkieren. Wir schleppten unser Gepäck durchs verrauchte Casino. Automaten an Automaten standen da und ich fragte mich, wie es Leute geben konnte, denen dieses Ambiente gefiel. Sogar die Black Jack- und Roulette-Tische waren durch Maschinen ersetzt worden, somit entfiel auch noch die menschliche Komponente beim Glücksspiel.

Auf den ersten Blick war das Zimmer okay. Für den Preis hatte ich keine Luxussuite erwartet, aber dass der Blick durch das mit Jalousien verschlossene Fenster direkt auf die gegenüberliegende Hausmauer führte, hatte dann doch etwas Bedrückendes. Niedergeschlagen stellte ich mich unter die Dusche, während Reiner das Auto ins hoteleigene, für Gäste kostenlose Parkhaus fuhr. Die Dusche brachte meine Lebensgeister wieder zurück.

Reiner fragte, wo wir essen gehen wollten, er hatte bereits wieder Hunger. Auf dem Strip reizte uns nichts und auf Fastfood hatten wir beide keine Lust. Da erinnerten wir uns an ein Sushi-Restaurant in der Nähe unserer letzten Unterkunft. Allerdings war das etwa zehn Meilen von hier entfernt. Wir gingen durch das stinkende Casino zum noch heftiger stinkenden Parkhaus, um das Auto zu schnappen.

Das Sushi-Restaurant schien ziemlich beliebt zu sein. Etliche Leute warteten vor dem Eingang. Wir gingen hinein, ich wurde nach meinem Namen und der Telefonnummer gefragt und schon waren wir auf der Liste. Ich bekam ein SMS, in dem es einen Link zu yelp gab. Mit meinem Handy kam ich ohne WLAN nicht ins Internet, also musste ein Hotspot her. Auf Yelp konnten wir mitverfolgen, wie wir von Platz vier immer weiter nach vorne rutschten und etwa eine halbe Stunde später die Pole Position innehatte. Per SMS wurde ich informiert, dass unser Table nun ready sei. Das war gut so, denn in der Zwischenzeit hatte sich mein Appetit gemeldet.

Man konnte zwischen à la Carte und à Discretion wählen. Die Versuchung, à Discretion zu nehmen war in Anbetracht des günstigen Preises eine Verlockung, der wir aber vernünftigerweise widerstanden. Die Sushis waren wie vor acht Jahren richtig, richtig gut.


ein tag in las vegas

Um den Strip zu erkunden, gibt es vermutlich keine bessere Möglichkeit, als dies mit "The Deuce" zu tun. Der "Las Vegas Deuce on the Strip" ist ein Busservice entlang des Strips, zur Fremont Street Experience und zu den Las Vegas Premium Outlets South. Die Busse fahren rund um die Uhr und es gibt zahlreiche Haltestellen entlang der berühmtesten Strasse Las Vegas'.

Wir luden die rideRTC-App auf unsere Handys und kauften für je sechs Dollar eine Tageskarte. Die nächste Bushaltestelle war nur wenige Schritte vom Hoteleingang entfernt, an dem jede Menge seltsamer Gestalten herumlungerten. Revuegirls stöckelten den Strip entlang und als ich einen offensichtlich obdachlosen Mann im Sommerkleid erblickte, hatte ich ein Déjà-vu. Er verhielt sich aber anständig und ich war beruhigt.

Der Bus war sehr modern und bis fast zum Gefrierpunkt heruntergekühlt. Wir stiegen allerdings bereits an der übernächsten Haltestelle wieder aus und blieben zögernd vor dem Eingang zum Wynn stehen. Die Portiers öffneten freundlich lächelnd mit einer einladenden Geste die Tür. Wir suchten ein wenig, fanden aber das Café nicht, das wir fürs Frühstück auserkoren hatten. Ich wollte mich in die Warteschlange für ein anderes Café stellen, doch Reiner plagten Schmerzen beim Stehen, also gingen wir wieder raus und marschierten den Strip entlang auf der Suche nach einer Frühstücksmöglichkeit. Hunger und Schmerzen waren keine gute Kombination - fast wäre es zum Streit gekommen. Auf der anderen Strassenseite entdeckten wir einen Starbucks. Das war nicht das, was wir uns gewünscht hätten, aber besser als nichts. Da - ein Denny's! Das gefiel uns schon besser, also überquerten wir die Strasse erneut. Wartende Gäste vor uns wiesen uns darauf hin, uns in die Warteliste einzutragen. Okay, das war erledigt, nun hiess es warten. Der Windfang wurde langsam etwas eng. Ein Junge neben uns machte ein mürrisches Gesicht und eine Frau, vermutlich seine Mutter, meinte auf schweizerdeutsch, dass sie ihm nicht peinlich sein müsse. Ich musste grinsen, erinnerte ich mich daran, wie peinlich mir meine Eltern waren, als ich noch Teeny war. Wir wechselten ein paar Worte mit der fünfköpfigen Schweizer Familie, dann bekamen wir bereits unseren Tisch.

Dieselbe Kette, aber unterschiedlicher hätte die Atmosphäre in den beiden Denny's nicht sein können. Während in Beatty vorwiegend Einheimische sassen, befanden sich hier Touristen. Dies merkte man zum einen daran, dass sie noch nicht so ganz mit dem Ablauf vertraut waren und zum anderen daran, dass sie sich viel mehr Zeit liessen, ihre Pancakes, French Toasts, Hash Browns, Eggs und was es sonst noch so alles gab, zu vertilgen. Unsere Bedienung Eileen balancierte gut gelaunt Tablets zwischen den Tischen herum und hatte für jeden ein Spässchen parat. Sie wollte wissen woher wir kämen und erklärte, dass dort drüben noch andere Schweizer sässen. Stimmt, das hatten wir auch schon mitgekriegt.

Beim Verlassen des Diners hörte ich nebendran "ou mi Buuch, e be so vou!". Die Schweizer Familie hatte wohl denselben Rhythmus, wie wir. Wir wünschten uns gegenseitig noch schöne Ferien, dann wollten wir wieder in den Bus steigen, um zu "The STRAT" zu fahren. Nein, nein, in diesen vollen Bus brachten uns keine zehn Pferde. Wir warteten nicht mal eine Minute, da kam ein fast leeres Exemplar und schon wurden wir wieder schockgefrostet.

"The STRAT" ist ein 356 Meter hoher Turm mit Hotel, Casino und einer Aussichtsterrasse am nördlichen Ende des Strips. Im Innern des Turms war kaum etwas los. Wir fanden einen Ticketautomaten für die Aussichtsterrasse, aber als wir den Preis sahen, blieb uns die Spucke weg. Wenn ich mich recht erinnere, hätten wir rund 30 Dollar pro Person für die Aussicht zahlen müssen. Nein, so nicht, dann gingen wir halt ins Bellagio Conservatory & Botanical Gardens.

Ausgerechnet, als wir kamen, war die Rolltreppe ausser Betrieb. Na gut, so weit war es jetzt auch nicht bis zum Eingang zu diesem Luxushotel. Ich konnte meinen Augen kaum trauen, als wir in den Wintergarten gleich hinter der Rezeption traten. Der 1300 Quadratmeter grosse Botanische Garten wird von einem Glasdach überspannt. Die Konstruktion besteht aus oxidiertem Kupfer und leuchtet grün. Zu jeder Jahreszeit verwandeln Gartenbau- und Ingenieurteams den Garten in eine Komposition aus Sehenswürdigkeiten, Klänge, Düfte und Farben.

Der diesjährige Frühling stand unter dem Motto "The Flights of Fancy". Heissluftballons aus Blumen schienen zu schweben. Im Frühlingsblumenbeet prangten riesengrosse Narzissen und Rosen aus Kunststoff, dazwischen ein Koi Karpfenteich mit einem überdimensionierten Frosch, aus dessen Mund Wasser in den Teich plätscherte. Riesige Kolibris schlürften Nektar aus ebenso riesigen Blüten. Ein handgefertigtes Gemälde mit Heissluftballons über einem Frühlingsfeld aus Blütenblättern, künstliche Wasserfälle und viele Dinge mehr gab es ausserdem zu entdecken. Dazwischen waren Beete über und über mit echten Blumen bepflanzt. Das Ganze war so dermassen kitschig, dass es schon wieder cool war.

Wir beobachteten noch etwas die Leute im und vor dem Bellagio. Anschliessend machten wir uns langsam auf den Weg ins Hotel, um Bilder auf die Festplatte zu speichern und Erinnerungen schriftlich festzuhalten.

 

Im Hotel angekommen, meinte Reiner, dass wir eine neue Festplatte bräuchten. Die neu gekaufte sei fehlerhaft und die Speicherkarten reichten nie und nimmer für all die Fotos und Videofilme unserer Reise. Na toll! So sehr ich mich darüber ärgerte, es half nichts, ein neues Speichermedium musste her. Also suchten wir nach einem Laden und fanden einen Best Buy.

Das Elektronikgeschäft erinnerte mich an einen Mediamarkt in Gelb. Nur dass die Verkäufer wesentlich freundlicher, hilfsbereiter und kompetenter waren. Ein älterer Herr zeigte uns das richtige Regal und bald schon waren wir um eine Festplatte reicher und um 120 Dollar ärmer.

Die nächste Frage war: Wo essen? Nochmals Sushi hätte uns gereizt, aber Dim Sum wären auch nicht schlecht. Bisher hatte ich allerdings ausserhalb Hong Kongs noch nie gute dieser kleinen Köstlichkeiten gehabt. Trotzdem fuhren wir zum Orchids Garden, das abseits des Strips in einem Wohnquartier lag.

Das äussere Erscheinungsbild erinnerte mich stark an Hong Kong. Rote Säulen hielten grüne Ziegeldächer, die Fassaden waren weiss verputzt. Im Innern wurden wir sofort an einen Tisch geführt und ehe wir bestellen konnten, kam eine Frau mit einem Servierwagen voll von dampfenden Dim Sums daher. Wir wählten welche und bekamen diese sowie einen Stempel auf einen Zettel. Wir hätten auch à la Carte bestellen können, aber nein, die rollenden Buffets waren genau richtig.

Ausser uns sassen fast ausschliesslich Chinesen an den Tischen und teilten sich die verschiedenen Körbchen und Tellerchen mit gedämpften, frittierten oder gebratenen Spezialitäten. Sogar Hühnerfüsse wurden angeboten. Auch wir schlugen kräftig zu. Ein Bambuskörbchen nach dem anderen wurde uns hingestellt und die Stempelkarte wurde voller und voller. Authentischer und besser hätte es nicht sein können, wir waren rundum zufrieden.

An der Kasse war ich überrascht über den günstigen Preis. Meine Kreditkarte verlangte einen PIN. Die Chinesin, die kaum englisch sprach, wollte meinen PIN wissen. Mir entfuhr ein Lachen - auf keinen Fall! Ich deutete an, dass ich ihn selber eintippen wollte und tat das dann auch.

Zum Abschluss des Tages schauten wir noch etwas den Strip bei Nacht an, aber so ganz begeistern konnte uns die Glitzerwelt nicht. Zu sehr war sichtbar, dass alles nur Fassade war. Sobald man etwas hinter die Scheinwelt schaute, war es siffig, heruntergekommen und armselig.

 

tag der schlechten nachrichten

Am nächsten Tag bekam ich ein Mail von der Lufthansa. Der Rückflug ab Frankfurt nach Basel sei gestrichen. Wir könnten wählen, ob wir einen späteren Flug nehmen oder stornieren wollten. Das bedeutete, dass wir in Frankfurt einen Aufenthalt von fast sieben Stunden haben würden. Trotzdem entschieden wir uns für diese Variante - wir hatten ja kaum eine Alternative, oder?

Ich hasse shoppen, aber Amerika ohne shoppen, das geht ja gar nicht. Also machten wir uns auf ins Las Vegas Premium Outlet South. Vorher frühstückten wir im EGGscellent, einem netten Brunchrestaurant. Am frühen Nachmittag waren wir mit den Einkäufen fertig - genau richtig, um in den Valley of Fire State Park zu fahren. In Henderson kauften wir Salate, um bei der Rückkehr den Sonnenuntergang am Lake Mead geniessen zu können und dabei zu picknicken.

Ob ich eine Map wolle, fragte der Ranger bei der Einfahrt zur Lake Mead National Recreation Area. Na klar doch! Wir stoppten bei einem Overlook, um die Gegend anzuschauen. Piep - "oil change required". Das durfte doch nicht wahr sein! Hatte das nachgefüllte Öl etwa nicht geschmeckt? Wenn das nicht aufhörte mit dieser Lampe, mussten wir wohl morgen vor der Weiterfahrt bei Alamo vorbeischauen. Es hörte natürlich nicht auf.

Wir überlegten hin und her, was wir tun sollten und kamen zum Schluss, dass wir lieber heute noch zum Autovermieter fuhren. Sollte der Ölwechsel länger dauern, würden wir morgen zu viel Zeit damit vertrödeln. Ein Autotausch kam nicht in Frage, hatten wir beide uns an den Komfort gewöhnt und das Auto liebgewonnen.

Kaum beim Car Return angekommen, scannte der Mitarbeitende den Code. Halt! Wir wollten das Auto nicht abgeben, es sei bloss ein Ölwechsel fällig. Der Mann liess nicht mit sich reden - wir müssten das Auto tauschen. Er übergab einen Zettel und Reiner ging zur Choice Line, auf der gerade mal zwei Autos standen und kam mit einem roten Dodge Journey zurück. Wir zügelten die Siebensachen vom Jeep in den Dodge und fuhren todunglücklich vom Hof. Der Dodge war kleiner und hatte Null Komfort. Nicht mal ein Navi und die Verbindung mit dem Handy, um Google Maps laufen zu lassen, funktionierte auch nicht.

Fürs Valley of Fire war es jetzt zu spät, also gingen wir zum Hoover Dam. Der arme Reiner musste die ganze Fahrt über mein Meckern und Murren anhören. Er versuchte mich zu beruhigen, war aber selber auch unzufrieden mit dem Tausch. Zu allem Ärger zog das Auto auch noch nach links.

 

Als wir zurück am Strip waren, blinkte es die ganze Strasse entlang blau-rot und es wimmelte von Polizisten. Was da wohl los war? Wir meldeten an der Rezeption die neue Automarke sowie das Kennzeichen und der Rezeptionist meinte, wir sollten morgen lieber früh wegfahren, der ganze Strip sei gesperrt wegen des NFL Drafts.

NFL Draft? Was zur Hölle war das denn? Ich machte mich schlau und weiss nun, dass vor der neuen American Football-Saison die besten College-Spieler durch die NFL-Teams ausgewählt werden, was jeweils Millionen US-Amerikaner vor den Fernseher lockt. Jedes Team hat dabei grundsätzlich ein Draft-Recht in jeder von sieben Runden. Das sogenannte Draft-Recht bestimmt, in welcher Reihenfolge die Teams einen Spieler wählen dürfen. Das schlechteste Team der letzten Saison darf zuerst einen Spieler aussuchen. Die Idee für dieses System stammt von Eagles-Mitbesitzer Bert Bell, dem der Kragen geplatzt war, als die Bears, Packers, Giants und Redkins Mitte der 1930er-Jahren übermächtig gewesen waren. So sollte fortan ein gewisses Mass an Chancengleichheit garantiert werden.

Weil es uns gestern im EGGscellent so gut gefallen hatte, kehrten wir zum Frühstück wieder dort ein, dann fuhren wir mit dem roten Schrottauto zu Alamo beim internationalen Flughafen von Las Vegas. Wir meldeten, dass das Auto nach links ziehen würde und bekamen wieder einen Zettel in die Hand gedrückt, um ein neues Auto auszusuchen. Ich befürchtete das Schlimmste und hielt der Parkdeckmitarbeiterin den Voucher von FTI unter die Nase. Dort zeigte ich auf die Fahrzeugkategorie RFAR. Sie runzelte die Stirn und ich konnte ihr die Bemühung ansehen, uns zufriedenzustellen. Reiner meinte, dass wir bis gestern einen Jeep Grand Cherokee gehabt hätten, da erhellte sich ihr Gesicht und sie deutete auf die Line direkt vor uns. Diesmal war sie sehr gut gefüllt, offensichtlich waren viele Autos zurückgegeben worden und noch keine geholt. Wir schritten die unterschiedlichen Wagen ab, bis einer aus der Reihe herausstach. Es war UNSER Jeep Grand Cherokee. Der einzige Unterschied bestand darin, dass er nun sauber war. Als wir ihn zurückgegeben hatten, war er von den unbefestigten Strassen voller Sand, ich hatte mich ein bisschen geschämt für den Dreck.

Ohne zu zögern, stiegen wir ein, luden schnell unser Gepäck um und ich hätte schreien können vor Glück. Wir stellten die Sitzkühlung ein, obwohl es nur 22 Grad Celsius warm war, koppelten Reiners Handy mit dem Auto, um per Google Maps zu den Seven Magic Mountains zu navigieren. Ich freute mich über das witzige Englisch der deutschsprachigen Trulla in dem Gerät und war einfach nur gut drauf.

Weitere Fotos: Klick

usa Zugriffe: 6536

AUCH INTERESSANT

Auf dem Weg von Durango nach Silverton
Auf dem Weg von Durango nach Silverton
Monument Valley Tribal Park
Monument Valley Tribal Park
Canyon de Chelly
Canyon de Chelly